Ahead with energy

Testing Governance im Utilities-Sektor: Testorganisation und prozessuales Vorgehen als Erfolgsfaktoren zur Überprüfung komplexer Abhängigkeiten

Testing Governance im Utilities-Sektor: Testorganisation und prozessuales Vorgehen als Erfolgsfaktoren zur Überprüfung komplexer Abhängigkeiten

Die Energie- und Versorgungswirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, angetrieben von neuen Technologien, sich verändernden regulatorischen Anforderungen und der Notwendigkeit zur Reduktion von CO2. Gerade in einem dynamischen Umfeld spielt die Testing Governance eine zentrale Rolle für den Erfolg von Digitalisierungsinitiativen und die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit. Im Beitrag stellen wir die Bedeutung einer strukturierten Teststrategie und Governance im Utilities-Sektor dar und zeigen, wie Unternehmen eine stabile, nachhaltige Testarchitektur bzw. ein strukturiertes Testvorgehen aufbauen können. 

Was ist Testing Governance?

Testing Governance bezieht sich auf die Richtlinien, Prozesse und Verantwortlichkeiten, die sicherstellen, dass Testaktivitäten effektiv und effizient durchgeführt werden. Im Rahmen der Softwareentwicklung und Systemimplementierung stellt Testing Governance sicher, dass alle Tests ordnungsgemäß geplant, durchgeführt und dokumentiert werden, um die Einhaltung von Qualitätsstandards, gesetzlichen Vorschriften und Unternehmenszielen sicherzustellen.

Im Energie- und Versorgungssektor handelt es sich um besonders kritische Infrastruktur, Systeme wie SCADA (z. B. Datenerfassung in Echtzeit bei industriellen Geräten), ERP (z. B. Systemtransformationen und -wechsel) und Smart Grids (z. B. Netzüberwachung) müssen reibungslos funktionieren. Davon abgeleitet ist eine robuste Teststrategie eine notwendige Bedingung, um die Funktionsfähigkeit zu ermitteln und mögliche Eingriffserfordernisse transparent zu machen.

Die Herausforderungen des Utilities-Sektors

Die Implementierung von Testing Governance in der Energiewirtschaft ist mit spezifischen Herausforderungen verbunden.

  • Hohe Systemkomplexität: Energieversorger arbeiten mit komplexen technischen Infrastrukturen und einer Vielzahl von (Alt-)Systemen, die nahtlos in neue Technologien integriert werden müssen.
 
  • Regulatorische Anforderungen: Der Energiesektor ist stark reguliert. Mittels Testvorgaben und der Durchführung der Tests in den Testsystemen muss sichergestellt werden, dass Systeme den nationalen und internationalen Standards sowie gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

  • Kontinuierlicher Betrieb: Die Aufrechterhaltung des kontinuierlichen Betriebs ist entscheidend. Tests müssen grundsätzlich gemäß der zukünftig geltenden Produktivbedingungen durchgeführt werden, was zusätzliche Herausforderungen hinsichtlich Planung und Risikomanagement mit sich bringt.

  • Datenschutz und -sicherheit: Energieversorger verarbeiten sensible Kundendaten. Die Tests und damit das Testvorgehen müssen Prüfkriterien beinhalten, dass Datenschutzvorschriften (DSGVO-Bezug) eingehalten werden und Sicherheitslücken (Datensicherheit) ausgeschlossen sind.

Elemente einer effektiven Testing Governance

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, müssen Energieversorgungsunternehmen eine strukturierte und skalierbare Testing Governance implementieren, die mehrere Elemente umfasst.

  • Strategische Planung und Zielsetzung: Die Teststrategie sollte sich an den übergeordneten Unternehmenszielen und Geschäftsfeldern ausrichten. Eine stringente Vision, wie Tests durchgeführt und welche Anforderungen erfüllt werden müssen, bildet dabei das Fundament. Einerseits müssen sowohl die kurzfristigen Anforderungen und andererseits als auch langfristige Ziele sowie Zielsetzungen (wie die Migration zu Smart Grids) berücksichtigt werden.
 
  • Rollen und Verantwortlichkeiten: Ein zielführender Governance-Ansatz erfordert die Zuweisung von Verantwortlichkeiten für die verschiedenen Testphasen. Dies kann durch die Einrichtung eines dedizierten Testmanagement-Teams oder die Integration von Testverantwortlichen in bestehende Projektteams erfolgen. Wichtig ist, dass nachvollziehbare (Aufgaben-)Definitionen vorliegen, so dass alle Beteiligten ihre Rollen und Verantwortlichkeiten klar verstehen.
 
  • Standardisierte Prozesse und Tools: Die Einführung standardisierter Testprozesse und -tools trägt wesentlich zur Effizienz und Effektivität des Testmanagements bei . Unternehmen sollten sich – mindestens im Ansatz – auf international anerkannte Standards wie ISTQB oder IEEE 829 für Testdokumentation stützen und geeignete Testmanagement-Tools einsetzen. Automatisierte Tests, insbesondere bei der Integration neuer Systeme in bestehende Infrastrukturen, sind ebenfalls ein wichtiger Faktor, um effizientes Zeitmanagement zu betreiben, Kosten zu sparen und Fehler zu minimieren.
 
  • Risikomanagement: Da die Kernsysteme im Energiesektor in der Regel unternehmenskritisch sind, muss das Testen durch ein robustes Risikomanagement unterstützt werden. Das bedeutet, potentielle Fehlerquellen und Schwachstellen frühzeitig zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Schadensbegrenzung zu ergreifen. Zudem sollten Berechtigungs-, Sicherheits- und Performance-Tests in die regulären Testzyklen integriert werden.
 
  • Compliance und Audit-Fähigkeit: Da die Einhaltung regulatorischer Vorschriften eine zentrale Rolle spielt, muss die Testing Governance sicherstellen, dass alle Testphasen nachvollziehbar dokumentiert sind und Prüfprotokolle verfügbar sind. Dadurch können Audits erleichtert und die Einhaltung von Vorschriften nachgewiesen werden.
 
  • Schulungen und kontinuierliche Verbesserung: Regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen zu den essentiellen, inhaltlichen wie auch methodischen Aspekten sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Teams immer auf dem neuesten Stand der Testmethoden und -tools sind. Zudem sollte eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung (Stichwort: Lessons Learned) herrschen, so dass Fehler als Lernchancen verstanden und Prozesse iterativ optimiert werden.

Vorteile einer zuverlässigen Testing Governance

Eine gut implementierte Testing Governance bringt zahlreiche Vorteile mit sich, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die langfristige Stabilität und Sicherheit der Systeme gewährleisten.

  • Verbesserte Systemstabilität und -sicherheit: Durch systematische Tests können Fehler frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor sie die Produktivsysteme beeinträchtigen. Dies ist besonders im Energiesektor entscheidend, da Systemausfälle verheerende Folgen für die Geschäftstätigkeit und damit auch die Kunden sowie andere Marktpartner haben können.
 
  • Kosteneffizienz: Eine strukturierte Teststrategie verhindert kostenintensive Fehler in der späteren Projektphase oder gar im Live-Betrieb. Durch automatisierte Tests und klar definierte Testprozesse können zudem langfristig Ressourcen eingespart werden. Eine existierende Testing Governance birgt den Vorteil von Wiederverwendbarkeit und Nachhaltigkeit, so dass der Ansatz nicht je Projekt immer erst wieder aufwendig herausgearbeitet werden muss.
 
  • Einhaltung regulatorischer Anforderungen: Testing Governance stellt sicher, dass Energieversorgungsunternehmen die (steigenden) regulatorischen Anforderungen erfüllen. Ein stringent dokumentierter Testprozess ermöglicht es, Nachweise über die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und Standards zu liefern.
 
  • Stärkung des Unternehmensimage: Ein zuverlässiger und sicherer Betrieb, der durch Testing Governance unterstützt wird, stärkt das Vertrauen von Kunden, Investoren und Regulierungsbehörden in das Unternehmen.

Unser Fazit

Testing Governance ist in der Energie- und Versorgungswirtschaft kein optionales Extra, sondern eine Notwendigkeit, um den Erfolg von mannigfaltigen Projekten, Programmen oder wiederkehrenden Geschäftstätigkeiten (z. B. Formatwechseln) sicherzustellen und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Durch eine durchdachte Teststrategie können Energieversorgungsunternehmen sicherstellen, dass ihre Systeme zuverlässig, sicher und zukunftsfähig sind – und so einen entscheidenden Beitrag zur Transformation des gesamten Energiesektors leisten.

Unternehmen sollten jetzt handeln, indem sie eine Testing Governance aufbauen, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist und das Fundament für einen erfolgreichen Betrieb in einem dynamischen Marktumfeld schafft. Unsere Expertise in diesem Bereich ermöglicht es Ihnen, maßgeschneiderte Governance-Ansätze zu entwickeln und erfolgreich zu implementieren. Von der strategischen Planung über die Auswahl geeigneter Tools bis hin zur laufenden Optimierung unterstützen wir Sie bei jedem Schritt des Weges.

Kommen Sie sehr gerne auf c.con zu und nutzen Sie die Möglichkeit, in einen Austausch zur Gestaltung Ihrer unternehmensspezifischen Testing Governance zu gehen.

Ihr Ansprechpartner

Dr. Ulf Roßegger, LinkedIn