Das von SAP angekündigte Supportende des SAP Solution Manager (SolMan) im Jahr 2027 markiert einen klaren Wendepunkt. Der SolMan war über viele Jahre ein zentrales Werkzeug – nicht nur für IT-Servicemanagement, Dokumentation und Change Management, sondern insbesondere auch für das Testmanagement in SAP-Projekten, etwa bei regelmäßigen Formatwechseln und deren Tests. Dabei ist zu beachten, dass selbst Kunden mit verlängerter Wartung bis 2030 bereits ab 2027 bestimmte Funktionen des SAP Solution Managers nicht mehr nutzen können. Details dazu finden sich in der SAP-Note 3255311.
Die Botschaft ist eindeutig: Der Solution Manager hat das Ende seines Lebenszyklus erreicht. Für Unternehmen beginnt damit der Countdown zur Ablösung. Und dieser Wechsel ist kein einfacher technischer Austausch, sondern ein strategisches Projekt mit Auswirkungen auf Testprozesse, Toollandschaften und Governance.
Warum stellt SAP den Solution Manager ein?
Der SolMan wurde ursprünglich für klassische On-Premises-Landschaften konzipiert. Mit dem Umstieg vieler Unternehmen auf SAP S/4HANA und cloudbasierte Szenarien passt die Architektur nicht mehr zu den strategischen Zielen von SAP.
SAP richtet den Fokus daher klar auf Application Lifecycle Management (ALM)-Lösungen, die speziell für Cloud- und SaaS-Umgebungen entwickelt wurden.
Auswirkungen auf Unternehmen
Das Supportende des SAP Solution Managers betrifft Unternehmen in mehrfacher Hinsicht. Eine Nutzung über 2027 hinaus ist zwar möglich, aber nur mit eingeschränktem Support und höheren Kosten. Zudem werden einzelne Funktionen nicht mehr in vollem Umfang verfügbar sein. Neben rein technischen Aspekten spielen auch strategische, organisatorische und regulatorische Faktoren eine wichtige Rolle.
Strategische Auswirkungen
- Neuausrichtung der ALM-Strategie: Unternehmen müssen entscheiden, ob sie vollständig auf SAP Cloud ALM wechseln oder eine hybride Tool-Landschaft (SAP + Drittanbieter) aufbauen.
- Investitionsentscheidungen: Der Umstieg erfordert Budget für neue Lizenzen, Implementierung und Schulung. Frühzeitige Entscheidungen sichern Planungssicherheit und vermeiden Ad-hoc-Projekte kurz vor Supportende.
- Abhängigkeit von SAP-Roadmaps: SAP Cloud ALM entwickelt sich stetig weiter, ist aber noch nicht in allen Bereichen gleichwertig. Unternehmen müssen die Roadmaps eng verfolgen, um rechtzeitig auf neue Funktionen reagieren zu können.
Operative Auswirkungen
- Testmanagement: Der Wegfall der Test Suite zwingt Unternehmen, ihre Testfälle zu migrieren oder neu aufzubauen. Das betrifft oft tausende Testskripte und Szenarien. Mehr dazu im Absatz „Was bedeutet das Supportende für das Testmanagement?“.
- Change- und Release-Prozesse: Bisher im SolMan integrierte Funktionen wie Transportmanagement oder Change Request Management (ChaRM) müssen neu abgebildet oder durch andere Lösungen ersetzt werden.
- Benutzerakzeptanz & Schulungen: Fachbereiche und IT-Teams, die seit Jahren mit dem SolMan arbeiten, benötigen Schulung und Begleitung beim Umstieg.
Organisatorische Auswirkungen
- Prozessanpassungen: Test- und Qualitätsmanagementprozesse müssen überprüft, standardisiert und an die neue Tool-Landschaft angepasst werden.
- Schnittstellen & Integration: Bestehende Verknüpfungen mit Projektmanagement-Tools, Ticket-Systemen oder Testautomatisierungslösungen müssen neu gedacht und implementiert werden.
- Rollen & Verantwortlichkeiten: Der Umstieg kann eine Neuverteilung von Rollen im Testmanagement nach sich ziehen – z. B. durch stärkere Einbindung von Fachbereichen in Cloud ALM.
Regulatorische Auswirkungen
Gerade in der Energiebranche sind Compliance und Auditfähigkeit entscheidend:
- Nachvollziehbarkeit von Tests: Ohne klare Dokumentation drohen Risiken bei Wirtschaftsprüfungen oder ISO-/BNetzA-Audits.
- Datenschutz & Sicherheit: Der Wechsel auf Cloud-basierte Tools erfordert eine Prüfung der Datenschutz- und IT-Sicherheitsanforderungen (DSGVO, KRITIS, ISO 27001).
- Reporting: Regulatorische Berichte (z. B. IT-Sicherheitsvorfälle, Prozesssicherheit) müssen auch mit den neuen Tools nahtlos unterstützt werden.
Chancen für Unternehmen
Neben Risiken bietet der Umstieg auch Potenzial:
- Modernisierung der Tool-Landschaft: Ablösung historisch gewachsener Strukturen durch moderne, integrierte Lösungen.
- Effizienzsteigerung: Automatisierung, risikobasiertes Testen und bessere Transparenz können langfristig Zeit und Kosten sparen.
- Cloud-Readiness: Unternehmen schaffen die Basis für künftige SAP-Innovationen, die zunehmend nur noch in Cloud-Umgebungen verfügbar sein werden.
Die von SAP vorgesehene und empfohlene Alternative ist SAP Cloud ALM – modern, cloudbasiert und für S/4HANA optimiert. Allerdings gilt: Die Funktionstiefe liegt noch nicht auf dem Niveau des SolMan, insbesondere im Bereich komplexer Testabläufe oder in hybriden Systemlandschaften. In solchen Fällen sollten Sie den Einsatz ergänzender Drittanbieterlösungen prüfen.
Was bedeutet das Supportende für das Testmanagement?
Das bevorstehende Supportende des Solution Managers trifft das Testmanagement besonders stark. Denn die integrierte Test Suite war für viele Unternehmen das zentrale Werkzeug zur Steuerung, Dokumentation und Nachverfolgung von Tests.
Wegfall zentraler Funktionen
- Testplanung & Testkataloge: Testpläne, Hierarchien und Workpackages können nicht mehr in der gewohnten Weise genutzt werden. Unternehmen müssen ihre bestehenden Testszenarien migrieren oder neu aufsetzen.
- Testdurchführung & Protokollierung: Automatisierte Protokollierung von Testergebnissen entfällt, wodurch Nachvollziehbarkeit und Audit-Sicherheit gefährdet sind.
- Defect Management: Das integrierte Defect Management (Fehlererfassung und -bearbeitung) im Solution Manager wird eingestellt. Ohne Alternative fehlt die strukturierte Nachverfolgung von Fehlern.
Herausforderungen
- Migration bestehender Testfälle: Viele Unternehmen verfügen über tausende Testfälle im SolMan. Diese müssen selektiert, konsolidiert und in neue Tools überführt werden – ein aufwändiger, aber notwendiger Schritt.
- Schnittstellen zu ALM-/PMO-Prozessen: Das Testmanagement war im SolMan stark mit Change-, Incident- und Transportmanagement verzahnt. Ein neues Tool muss diese Schnittstellen abbilden, um Doppelaufwände zu vermeiden.
- Audit- & Compliance-Anforderungen: Besonders in der Energiebranche bestehen hohe regulatorische Anforderungen (z. B. IT-Sicherheitsgesetz, ISO 27001). Ohne sauberes Testmanagement steigt das Risiko für Beanstandungen bei Audits.
Chancen im Testmanagement durch den Umstieg
Auch wenn der Wegfall der Test Suite zunächst wie ein Rückschritt wirkt, bietet er eine einmalige Chance zur Modernisierung:
- Automatisierung: Integration moderner Testautomatisierungs-Frameworks (z. B. Tricentis Tosca oder Micro Focus UFT).
- Testdatenmanagement: Nutzung von Tools, die synthetische oder anonymisierte Testdaten bereitstellen, um Datenschutz und Effizienz gleichermaßen zu sichern.
- Risikobasiertes Testen: Statt alles zu testen, wird der Fokus auf kritische Geschäftsprozesse gelegt – z. B. Marktkommunikation, Abrechnung oder regulatorische Reports.
- Standardisierung & Best Practices: Aufbau klarer Teststrategien und -prozesse, die unabhängig vom eingesetzten Tool konsistent bleiben.
Wer die Ablösung des SolMan nutzt, um das Testmanagement neu aufzusetzen, kann langfristig Effizienz steigern, Risiken senken und Auditsicherheit erhöhen. Gleichzeitig lassen sich durch Automatisierung und moderne Tools Zeit- und Kostenvorteile realisieren. Einen Überblick über geeignete Testmanagement-Tools in der Energiewirtschaft haben wir in einem eigenen Beitrag gegeben: „Testmanagement-Tools in der Energiewirtschaft: Von Erfolgsfaktoren hin zu tatsächlichem Mehrwert“.
Fazit
Das bevorstehende Wartungsende des SAP Solution Managers ist ein entscheidender Wendepunkt für SAP-Kunden. Es bietet die Chance, die ALM- und Teststrategie grundlegend zu überdenken und auf Lösungen umzusteigen, die den Anforderungen einer cloudbasierten IT-Landschaft gerecht werden.
Der Umstieg ist dabei kein reines IT-Projekt, sondern ein umfassender Change im Qualitäts- und Testmanagement. Unternehmen, die jetzt handeln, können ihre Testprozesse zukunftssicher gestalten und Risiken minimieren.
c.con Tipp: SAP Readiness Check für SAP Cloud ALM
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Die Durchführung erfolgt auf Basis der SAP-Note 3236443.
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